Rathaus aktuelles

Rathausplatz 1 und Theatergasse 1

 
Das Rathaus heute
Fotos: Internet Wikipedia und Franz Six

Das aktuelle Rathaus stammt im Kern aus dem 16. Jahrhundert. Das genaue Entstehungsjahr ist unbekannt. Der Mittelbau gibt zur Vermutung Anlass, dass hier italienische Baumeister tätig waren oder diese zumindest den Entwurf beeinflusst haben. Es ist auf jeden Fall ein Renaissancebau. Oberhalb der Rathausuhr ist eine färbige Darstellung des österreichischen Doppeladlers angebracht, zu beiden Seiten der Uhr der österreichische Bindenschild und das Wappen des Landes Oberösterreich und darunter befindet sich das „Auge Gottes“. In der Loggia befindet sich ein Keramikglockenspiel.
Spielzeiten: Sommer: 10, 12, 13, 14, 15, 16 ,17 und 19 Uhr
Adventszeit: 10, 12, 14, 16, 17, 18 Uhr
übrige Zeit: 10, 12, 14, 16, 19 Uhr
kein Spielbetrieb vom 6. Jänner bis zum Frühlingsbeginn

Ein Prunkstück im Renaissancestil

Das Rathaus liegt – fast einzigartig in Österreich – ganz nahe am Seeufer. Seine besondere Zierde sind die wunderschöne Stuckdekoration, die hübschen drei übereinanderliegenden Loggien im Mittelbau des Gebäudes und die auf den seitlichen Erkern aufgesetzten kleinen Zwiebeltürmchen.


Der Mittelteil mit Loggien, Keramikglockenspiel und diversen Wappen
sowie obenauf der Statue der Justitia
Foto: Peter Schneider

Allein der Mittelteil des denkmalgeschützten Gebäudes gibt Zeugnis davon, dass italienische Baumeister tätig waren oder zumindest die Ausführung beeinflussten. Im Giebelfenster des Mittelbaus, oberhalb der Uhr, ist eine färbige Darstellung des österreichischen Doppeladlers, zu dessen beiden Seiten links der österreichische Bindenschild und rechts das Wappen des Landes Oberösterreich, darunter das „Auge Gottes“ abgebildet sind. In dem Feld zwischen dem 2. und 3. Stock ist das Stadtwappen angebracht.


Das zwischen 2. und 3. Loggia angebrachte Stadtwappen
Foto: Peter Schneider


Im Giebel des Mittelbaus der Doppeladler und
darüber auf dem Dach die Statue der Justitia mit dem Gesetzbuch im Arm
Foto: Peter Schneider

Am Giebel des Mittelteils befindet sich die vom Gmundner Bildhauer Anton Gerhart geschaffene Statue der Justitia. Während die rechte Ecke des Rathauses vom1. Stock an einen runden Eckturm aufweist, fehlt ein solcher an der dem Traunsee zugekehrten Seite.

Oberhalb des Eingangsportals findet sich der Spruch:
"Wer ain Sach' mit Unrecht fanget an,
gar selten sie mit Recht vollenden kann."

und daneben die Zahl 1756.



Rechts vom Eingang erinnert eine im Jahr 1885 von Graf Crenneville gestiftete Gedenktafel an den berühmten Mathematiker und Astronomen Johannes von Gmunden.



Reliefdarstellung des Rathauses für sehbehinderte Besucher
links neben dem Eingang

Foto: Franz Six


In seinem Inneren ist das besondere Highlight der geräumige Sitzungssaal mit dem daneben liegenden Bürgermeisterzimmer. Der Saal befindet sich auf der Seeseite im 2. Stock und reicht durch zwei Stockwerke. Er besitzt eine prächtige in deutscher Renaissance gehaltene Holzdecke, in deren Mitte das Stadtwappen prangt, und eine kleine Galerie. Die mit kleinen in Blei gefassten Scheiben versehenen Butzenfenster sind mit Glasmalerei verziert.

Die Eingangstür zu den genannten Räumen ziert neben der Jahreszahl 1755 der Vers:
„Eigner Nutz und Junger Rath,
Troia und Rom zerstöret hat,
Gmunden hütt Sih vor diesn Badt."

Einen besonderen Eindruck macht auch das hübsch ausgestattet Stiegenhaus.

Die im 1. Stockwerk gelegene Verrechnungsabteilung der Stadtgemeinde Gmunden besitzt eine alte 1887 aufgedeckte und renovierte Holzdecke, die von einer Steinsäule gestützt wird, die sowohl die Jahreszahl 1761 wie auch die Darstellung des ältesten Stadtwappens trägt.

Geschichte
Das Rathaus gibt Zeugnis vom Reichtum und von der Bedeutung der alten Salzhandelsstadt am Ausfluss der Traun aus dem See. Es wurde um 1574 errichtet. Das Jahr der Erbauung lässt sich nicht ganz genau angeben. Sicher ist, dass es vor diesem Jahr errichtet worden ist, denn gegen Ende dieses Jahres haben, wie alte Akten belegen, darin schon Richter- und Ratswahlen stattgefunden. Früher befand sich darin auch die Städtische Rüstkammer.
Im Laufe der Jahrhunderte ließen die Stadtväter immer wieder kleine Veränderungen am Gebäude durchführen:

1676
wurde es weiter ausgebaut.

Im 18. Jahrhundert wurden die auf dem Dach befindlichen zwei kleinen bauchigen Türmchen mit je einem Blechknauf entfernt.

1756 wurde die Stuckdekoration an der Fassade hinzugefügt, was seither dem Gebäude einen barocken Flair verleiht.


Das Rathaus um 1760
Rechts davon sieht man im Hintergrund noch das Christophstor.

 
Das Rathaus im Jahr 1860
Ausschnitt aus einem Gemälde von Rudolf von Alt

Bis 1879 befand sich im Rathaus in seinem dem See zugewandten Parterregeschoß ein großes Salzdepot mit einem Fassungsvermögen von etwa 5.000 Zentner. Es wurde „bürgerliche Salzaufschütt genannt. Darin waren die Salzstöcke gelagert, die für den von Gmundner Bürgern betriebenen regionalen Salzhandel zu Land bestimmt waren. Um eine wettergeschützte Verladung des Salzes zu gewährleisten, war der Rathauseingang mit einer auf Pfeilern ruhenden Überdachung versehen.


Die Überdachung des Eingangsbereiches
Quelle: Ausschnitt aus einem färbigen Gemälde von Jakob Alt, 1833

Ab 1880 wurde das Salz nicht mehr hier gelagert. Deshalb ließ sie die Stadtgemeinde für private Nutzung adaptieren. Im Oktober dieses Jahres verpachtete sie die neu gestalteten Räume an den Kaffeehausbetreiber Josef Pürstinger. 1902 übernahm Emil Brandl das Rathauscafé ("Café Brandl"). Dieser ließ es sogleich renovieren. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde an das Café die Veranda mit der herrlichen Sicht auf den See errichtet.


Im linken Teil des Rathauses das Café Brandl alias Rathauscafé

Die dem "Brandl" vorgelagerte Veranda
Foto: Sammlung Wagneder 

Bis 1850 wurden die rechts vom Eingang gelegenen Räume als Magistratskanzlei verwendet. Danach beherbergten sie viele Jahrzehnte lang diverse Buchhandlungen, meistens mit angeschlossener Kunst- und Musikhandlung (ab 1855 Buchhandlung Schworella, Buchhandlung Hülverding, ab 1864 Buchhandlung Mänhardt, später Mader und Linhart).

1885 ließ Graf Crenneville rechts vom Eingang eine Gedenktafel an den berühmten Mathematiker und Astronomen Johannes von Gmunden anbringen.


Rechts vom Eingangsportal die Tafel für Johannes von Gmunden
Foto: Peter Schneider

1895/96 wurden am Rathaus weitere bauliche Veränderungen vorgenommen:
Nach den Plänen des Stadtbauamtsleiters Bruno Heisig wurde der seeseitige Teil des Rathauses einschließlich des Stiegenhauses vollständig umgebaut, und die Ausstattung des neuen Rathaussaales und der Nebenräume wurde sukzessive neu gestaltet. Die Tischlerarbeiten an dem Sitzungssaal übernahm die Gmundner Firma Schönbauer.

Anfang April 1900 informierte der damalige Stadtbauamtsleiter schriftlich über erhebliche Bauschäden im Rathaus: Die tragenden Mauern des Gebäudes beim Haupteingang und jene in der Wohnung des zweiten Stockes zeigten bedenkliche Risse und hätten losen Verputz. Alles in allem ließen die Schäden Einsturzgefahr vermuten. In der Folge wurden die nötigen Arbeiten in Angriff genommen. 

1902 wurde der Rathaussaal weiter ausgeschmückt und verschönert: Statt der bisher verwendeten Gartenstühle wurden im Saal Sessel aufgestellt, der Tisch mit grünem Tuch überzogen, die Stirnseite wurde vertäfelt und eine Kaiserbüste auf einer Konsole aufgestellt.

1915 stiftete, angeregt durch ein Wiener Vorbild, ein Graf Löwenstein einen Wehrmann für Gmunden. Der Gmundner Bildhauer Anton Gerhart schuf daraufhin eine überlebensgroße holzgeschnitzte Rolandsfigur in sehr martialischer Haltung. Am 20. Juli wurde diese auf dem Rathausplatz aufgestellt, und ab diesem Tag konnte er gegen ein bestimmtes Entgelt benagelt werden. Am Ende des Jahres wurde die Aktion abgeschlossen. Sie wurde ein voller Erfolg, denn sie erbrachte insgesamt einen Ertrag von 8.500 Kronen. Das eingenommene Geld kam den Invaliden und Witwen und Waisen zugute.
Anfang April 1916 bekam der Wehrmann links vom Eingang zum Rathaus in einer Nische seinen neuen Standplatz. Später wurde er in Inneren des Eingangsbereiches platziert. (Seit Jahren befindet er sich nun im Gmundner Kammerhofmuseum.)

 
Der vom Gmundner Bildhauer geschaffene Wehrmann
Foto: Piringer Gmunden-Chronik Bd. I S. 470


Links neben dem Eingang des Rathauses erkennt man
den in einer Nische stehenden Wehrmann.
Foto: Sammlung Peter Huemer

Im Laufe der Zeit waren am Rathaus mehrfach grob fahrlässige Reparaturarbeiten und wenig sensible Veränderungen vorgenommen worden. Das Haus befand sich Anfang der 1920er Jahre in einem bedauerlichen Bauzustand. Bereits damals wurde daher eine radikale und künstlerisch ansprechende Gesamt-Renovierung gefordert. Als dann auch noch im November 1925 die „Neueste Post“ in einem Artikel ausführlich über den schlechten Zustand des Gmundner Rathauses berichtete, die vielen Verunstaltungen anprangerte und eine rascheste Sanierung forderte, gab der Gemeinderat dazu seine Einwilligung. Ein Linzer Architekt lieferte einen Entwurf, der sich an den alten Formen orientierte, wie sie uns auf den ältesten Bildern erhalten sind, aber auch den modernen Erfordernissen entsprach.
Sogleich wurden die dringend notwendigen Maurerarbeiten vorgenommen und bald auch die Außenfassade stilgerecht adaptiert. Bei der Renovierung wurden den seitlichen Erkern kleine Zwiebeltürmchen aufgesetzt. Seit 19. Mai 1926 ziert wieder eine aus Kunststein gegossene antike Frauengestalt in wallendem Gewand mit dem Gesetzbuch im Arm das Gmundner Rathaus: die Justitia, das Symbol der Gerechtigkeit. Sie stammt von dem Gmundner Bildhauer Anton Gerhart (1879-1944).

 
Arbeiten an der Fassade und am Mittelteil im Jahre 1926.
Am rechten Eckturm wird gerade ein kleines Türmchen aufgesetzt.
Fotos: Sammlung Hans Wagneder

Da Gmunden seit dem 19. Jahrhundert weit über Österreich hinaus als Keramikstadt bekannt ist, wollte die Stadt dies durch die Errichtung eines Keramikglockenspiels in der Loggia des Rathauses dokumentieren. Die eigenen von der Firma Gmundner Keramik probeweise erzeugten Glocken eigneten sich dafür allerdings nicht. Daher hielten die Gemeindeväter Ausschau nach einem artverwandten Werkstoff. Man fand ihn in der Meissner Porzellan-Manufaktur und ließ dort 18 Glocken mit dem grüngeflammten Gmundner Dekor herstellen. 1957 wurden 18 Glocken bei der Meissner Porzellan-Manufaktur bestellt. 1958 wurde das Glockenspiel eingeweiht. 1993 wurde es erneuert und auf 24 Glocken aufgestockt.
Das Glockenspiel ist das einzige in Österreich aus diesem Material.


In einem Feld zwischen 1. und 2. Loggia sind die  Jahreszahlen der Renovierung des Rathauses ab 1860 festgehalten.
"ANNO 1860 1926 1948 1958 1974 1989 2002"
Foto: Peter Schneider

Bis 1874 reichte der Traunsee übrigens bis auf wenige Meter an die linke Mauer des Rathauses heran. Erst ab diesem Jahr begann man durch Anschüttung des Seegrundes den Rathausplatz zu vergrößern. Dadurch entstanden der Schubertplatz und die Steinbefestigung des Ufers. Erst 1884 waren diese Arbeiten abgeschlossen.


Das Rathaus auf einem Schleiss-Keramik-Teller

Der Beitrag wurde von Holger Höllwerth erstellt.