Evangelischer Friedhof

Der evangelische Friedhof in Gmunden hat eine interessante Entstehungsgeschichte, und viele bedeutende Persönlichkeiten sind auf dem Friedhof begraben. Daher ist auch der Evangelische Friedhof zu den „Schätzen Gmundens“ zu zählen!

Schon bald nach Luthers Reformation im Jahre 1517 gab es in OÖ. und auch in Gmunden viele evangelisch gesinnte Menschen aus dem Adelsstand, aus dem Bürger- und Bauernstand und auch aus dem katholischen Klerus. In dieser Epoche der kirchlichen Revolution feierten die Evangelischen in der Stadtpfarrkirche Gmunden die Gottesdienste, und die damals kleine Gruppe der Katholiken in der St. Annakapelle am „Freithof, dicht bei der Stadtmauer“. Die Stadtpfarrkirche musste aber dann per Verordnung im Jahre 1599 wieder an die Katholiken zurückgegeben werden, und daher erwarben die „Lutheraner“ das alte Armenhaus, das auch „Gottesackerhaus“ genannt wurde. Dieses lag am Rande des erweiterten Friedhofs, dort, wo sich heute das Finanzamt befindet. Das Gottesackerhaus wurde für die Gottesdienste aufgestockt. Der an das Gotteshaus angrenzende Teil des Friedhofes, in Verbindung mit einem „Todtenkammerl“, wurde als Begräbnisplatz für die Lutheraner benützt und noch lange bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts als „der lutherische Frythof“ benannt.


Fotokopie „Alter Friedhof“ aufgelassen 1873
Blick vom Kalvarienberg
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Quelle: K-hof / Kammerhof – Museen Gmunden

In der Zeit der Gegenreformation wurde im Jahre 1624 die evangelische Religion bei Strafe endgültig verboten. Die lutherisch Verstorbenen „mussten über Verfügung des röm. kath. Pfarrers ohne Gepränge, Begleitung oder Zulauf des Volkes ganz in der Stille an einem abseits gelegenen Orth begraben“ werden.
1781 erließ Kaiser Josef II. das Toleranzpatent, und so konnte 1782 in Rutzenmoos die Toleranzgemeinde gegründet werden. Die Evangelischen wurden vor dieser Zeit auch in Altmünster bestattet und fanden dann von 1782 bis 1869 hauptsächlich am Rutzenmooser Friedhof ihre letzte Ruhestätte.
Durch den Zuzug der königlichen Familie der Welfen von Hannover mit ihrem Hofstaat ab dem Jahre 1868 stieg die Zahl der Evangelischen in Gmunden sprunghaft an und erreichte einige Jahre später die Zahl von 700 Seelen.
Im Juni 1870 wurde die selbständige Evangelische Pfarrgemeinde A.C. (Augsburger Confession) Gmunden konstituiert. 1920 wurde er offiziell auf A.B. (Augsburger Bekenntnis) geändert.

1875 konnte nach langen Verhandlungen zur Errichtung eines Evangelischen Friedhofs das Areal mit einer Fläche von 888 Quadratklafter (= 3194 m²) direkt im Anschluss an den Katholischen Friedhof in südöstlicher Richtung erworben werden. Der Schotterboden hatte teils verwachsene tiefe Senken und Mulden und wurde von der angestammten Bevölkerung als „Sauwoad“ bezeichnet. Die Vertiefungen wurden aufgefüllt und planiert, danach konnte mit der Anlage des Friedhofes begonnen werden.

Die Einweihung des Friedhofs wurde anlässlich der ersten Beerdigung am 21. August 1875 vorgenommen.

Eigenhändiger Zusatz von Pfarrer Koch: „Erste Beerdigung am Evangelischen Friedhofe allhier, begraben neben dem Holzkreuze, das er gespendet hatte.“

Ab dem Jahre 1879 begann man mit dem Bau einer Friedhofsmauer, die dann in verschiedenen Etappen und von verschiedenen Baumeistern in jahrelangen Arbeiten errichtet wurde.
1906 wurde die Erhöhung der Grenzmauer zwischen dem Katholischen und Evangelischen Friedhof begonnen. Das war wegen der Errichtung von Grüften notwendig geworden.
1902  war der Baubeginn des Friedhofwärterhauses. Erste Bewohner waren August Theresia Neubacher, letzte Bewohner Erika und Walter Zwicklhuber.
1915 wurde eine neue Wasserleitung zum Evangelischen Friedhof bewilligt und errichtet.
1918 erfolgte die Anlegung eines eigenen Soldatenfriedhofes.
1933 begann man mit dem notwendigen Kapellenbau: Mitbegründer waren Josefa Kirchmeyr, „Moarin zu Waldbach“, und Alois Blank, „Langgangl zu Peiskam“. Ziegel, Holz, Fuhrwerke wurden von ihnen und anderen Bauern und Handwerkern gratis zur Verfügung gestellt. Der Gmundner Architekt Helmut Reischer war der Planer und Bauleiter. Die Einweihung erfolgte am 21. Mai 1934 in einem Festgottesdienst mit Pfarrer Hans Dopplinger.
Auf dem Schriftband über dem Eingangstor steht folgender Bibelspruch zu lesen: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“


Ein Teil des Soldatenfriedhofes und das Friedhofwärterhaus

  
Die Friedhofskapelle mit dem Spruchband:“Ich bin die Auferstehung und das Leben.“

Jüdische Bestattungen auf dem Evangelische Friedhof:
Die Ansuchen um Bewilligung eines eigenen jüdischen Friedhofes wurden von der Stadtverwaltung stets abgelehnt, ebenso wurden Anfragen bezüglich Bestattungen am Katholischen Friedhof abgewiesen. Das Presbyterium des evangelischen Pfarramtes erklärte sich allerdings bereit, den schmalen Rest eines Randstreifens für jüdische Beerdigungen zur Verfügung zu stellen.
Todesfälle israelitischer bzw. mosaischer Religion:
18. Juni 1881 und 09. Mai 1889 je ein notgetauftes Neugeborenes, keine Exhumierungsvermerke
11. August1899, eine Frau, mit dem Vermerk „beerdigt 7 Uhr abends“
2. Mai 1917 ein Mann, mit Exhumierungsvermerk vom 25. Juli 1917 und Überführung nach Linz
26. Oktober 1919 ein Mann, ohne Exhumierungsvermerk

1923 kam es zur Gründung eines eigenen jüdischen Friedhofs in Gmunden. Ab diesem Jahr wurden die verstorbenen Jüdinnen und Juden nicht mehr auf dem evangelischen Friedhof in Gmunden begraben.

In den Jahren 1983 und 1984 gab es ein Projekt mit Arbeitsvorhaben des Österreichischen Schwarzen Kreuzes (ÖSK) mit der Jugendgruppe ALUSINGEN (Aluminium-Walzwerke Singen, BRD). Das Projekt umfasste umfangreiche Arbeiten auf den Parzellen der Soldatengräber des 1. und 2. Weltkrieges. Es wurde in Zusammenarbeit mit der Steinmetzfirma Nuhsbaumer ausgeführt.

Im Laufe der Zeit wurde der Friedhof mehrfach erweitert und umfasst heute ein Areal von 3600 m².

Am 1. Jänner 2000 erfolgte die Verpachtung und damit auch die Betreuung des Evangelischen Friedhofes für 49 Jahre an das Stadtamt Gmunden.


Blick in den evangelischen Friedhof

Einige berühmte, große und für unsere Region wichtige Persönlichkeiten, die auf dem Evangelischen Friedhof bestattet wurden, sollen hier alphabetisch angeführt werden:

Borbereky
Franz, kgl. ung. Generalmajor
Degenfeldt-Schonburg, August Christoph Graf von ,
k. u. k. wirkl. Geheimer Rath,  Feldzeugmeister, Ritter vieler inländischer und ausländischer Orden und dessen Frau Excellenz Gräfin Elisabeth von Degenfeldt-Schonburg, geb. Johnson-Watson of Clonbrogan and Boffana
Decken, Wilhelm Friedrich Freiherr von der  genannt von Offen, k. u. k. Kämmerer und Generalmajor und dessen Frau Dorothea Marie Sophie Freifrau von der Decken genannt von Offen
Forget de Barst et de Bouillon, Irma , Baronin von dem Bussche-Ippenburg
Hess, Emil, Hofkonzertmeister des Hauses Hannover, ein Lisztschüler
Hornbostel, Daniel Ritter von , Gutsbesitzer in Lindach und weitere Mitglieder der Adelsfamilie
Klusemann, Carl Ludwig, Mitbegründer der Papierfabrik Steyrermühl, Besitzer der „Villa Klusemann“, heute Landesmusikschule in Gmunden 
Kirchmayr, Ignaz und Josefa, Besitzer des Mayergutes und der Ziegelei in Waldbach, Mitinitiatorin bei der Errichtung des Friedhofes und tatkräftige Förderin bei dessen Bau
Kirchmeyr; Ignaz und Marie, Besitzer des Mayergutes und der Ziegelei in Waldbach, Erbauer des Sägewerkes in Engelhof
Koch, Gustav Adolf, Hofrat, Hochschulprofessor, Geologe (Arlberg, Arlbergtunnel…), Mineraloge (Therme Bad Hall….)
Koch, Josef Friedrich, Theologe, Historiker, erster evangelischer Pfarrer in Gmunden, Superintendent
Köchert, Alexander Emanuel, Hof- und Kammerjuwelier, Besitzer des Köchertanwesens in Altmünster
Lang, Marie, Schriftstellerin, Frauenrechtlerin, kämpfte für den Mutterschutz, Namensgeberin eines Platzes in Wien
Lutter, Eduard, Archivar des Hauses Hannover, unterstützte und beherbergte auswärtige mittellose Schüler und Gymnasiasten in Gmunden
Mänhart, Emil, Buchhändler, sein Geschäft war im Gmundner Rathaus, gegr. 1609, älteste Buchhandlung des Salzkammergutes, Gründer des „Männergesangvereines Traunsee“ und des Eislaufvereines „Krottensee“
Mehnert, Julius, Verwaltungsrat der Papierfabrik Steyrermühl
Natter, Heinrich, Bildhauer, z.B. „Gnom mit Bergkristall“ im Brunnen auf der Esplanade und des Andreas Hofer Denkmales am Bergisel bei Innsbruck, usw.
Rundspaden,Wilhelm, Architekt, Hofbaurat des Herzogs Ernst August von Hannover
Ruston, Joseph John, Reeder und Besitzer der Traunseeschifffahrt
Sardagna, Geza Freiherr von , Rittmeister, Besitzer von Schloss Roith, 1914 – 1942
Edle von Scholz-Benneburg und Edler von Komorzynski Oszcynski und weitere Personen aus diesem Adelsgeschlecht
Wilhelm Karl Ludwig Freiherr von Schleinitz und weitere Brüder und Nachkommen der Familie sowie Freifrau Rosa Schleinitz und weitere weibliche Nachkommen des Adelsgeschlechtes von Schleinitz
Stern, Josef, Bauingenieur, Bauunternehmer, er gilt als der Pionier Bahn-, Elektrizitäts- und Bergbautechnologie in Österreich
Vischer, Friedrich Theodor, Literaturwissenschaftler, Philosoph, Schriftsteller, eine Gedenktafel befindet sich an seinem ehemaligen Wohnhaus in Gmunden, Schiffslände 11
Vosberg Heinrich, Hofmaler, deutscher Landschaftsmaler der „Düsseldorfer Schule“, arbeitete im Auftrag von Herzog Ernst August im Schloss Cumberland
Wilde, Emil, Konter Admiral

    
Das Grab von Friedrich Theodor Vischer



Grabstätte des Bildhauers Heinrich Natter


Grabstätte von Wilhelm Rundspaden und seiner Familie


Die Familiengruft Kirchmayr

 
Die Familiengruft Koch

Alle Fotos: August Mayer

Diesen Beitrag verfasste Frau Ursula Grill unter der Mitarbeit von Obmann August Mayer

Verwendete Literatur: 
Ferdinand Krackowizer: Geschichte der Stadt Gmunden
.Archiv der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Gmunden