Die Bedeutung, Geschichte und Schönheit der Kirchengasse



Die Kirchengasse ist seit dem Mittelalter die älteste und ehrwürdigste Gasse der Stadt. Die Kirchengasse führt vom Rathausplatz direkt zur Stadtpfarrkirche. In ihr liegen ehemalige alte Salzfertigerhäuser. Der Blick vom Rathausplatz in die Kirchengasse war von jeher ein beliebtes Motiv für Zeichner, Maler und Fotografen.

  
Kolorierte Zeichnung von Carl Ritter 1867                                    

 
Aquarellzeichnung von Alt, o. J.

                      
Bierfässeranlieferung in der Kirchengasse
Zeichnung, um 1890


Ansichtskarte mit Farbmalerei, o. J

Dass Leben in der Kirchengasse war, zeigt sich sehr deutlich an den wirtschaftlichen Veränderungen, im Konkreten an dem Wechsel der Geschäfte und Betriebe in den einzelnen Häusern. Das soll aus exemplarischen Beispielen deutlich werden.

Die wirtschaftliche Lebensader der Stadt war lange Zeit die Salzwirtschaft. Das Hauptgeschäft wickelten die sog. Salzfertiger ab. Ihr einstiger Reichtum ist auch heute noch an den prächtig ausgestalteten 18 Salzfertigerhäusern ersichtlich. Die Gebäude sind bis heute per Hinweisschild als „Salzfertigerhäuser“ ausgewiesen. 7 von diesen liegen in der Kirchengasse: Kirchengasse 5 seit 1592; Kirchengasse 7 seit 1593; Kirchengasse 9 seit 1623; Kirchengasse 11 seit 1570; Kirchengasse 8 seit 1598; Kirchengasse 6 seit 1596; Kirchengasse 4 seit 1598. Diese gehörten zu den ältesten Salzfertigerhäusern der Stadt.
Im Laufe der Zeit verlor Gmunden als Zentrum der Salzkammergut-Salzwirtschaft an Bedeutung. Das lässt sich auch an dem Rückgang der Salzfertigerbetriebe ablesen. Bis 1849 war deren Zahl von 18 auf sechs geschrumpft. Es war daher folgerichtig, dass in diesem Jahr Kaiser Franz Joseph per Erlass den mit zahlreichen Privilegien ausgestatteten Salzfertigerstand auflöste. Dadurch wurden diese speziellen Unternehmerinnen und Unternehmern ihrer wirtschaftlichen Grundlage beraubt. Das Dienstverhältnis der letzten sechs Gmundener Salzfertiger mit dem Staat wurde gelöst. Davon betroffen waren auch die letzten drei Salzfertiger in der Kirchengasse: Johann Tagwerker, Kirchengasse 4, Ignaz Stöger, Kirchengasse 8 und Johann Steiger, Kirchengasse 9.
Um die gekündigten Salzfertiger nicht völlig in die Krise zu treiben, wurden ihre Berechtigungen 1850 durch den Staat in Geld abgelöst. Den übriggebliebenen sechs Gmundner Salzfertigern wurde ein Betrag von je 3.000 Gulden zuerkannt. In den Genuss dieser Regelung kamen natürlich auch die drei Salzfertiger aus der Kirchengasse.
Zum Glück waren mit dem Salzfertigergewerbe das Gast- und Schankrecht verknüpft. Diese nutzten etliche Familien weiterhin, indem sie ihren Betrieb zu einem Gasthaus umgestalteten. So konnten sie, unterstützt durch die ausbezahlten staatlichen Geldzuschüsse, wirtschaftlich rasch wieder Fuß fassen und prosperieren.

Wie bedeutsam die einzelnen Häuser in der Kirchengasse von ihrem künstlerischen Wert her eingeschätzt werden, zeigt sich daran, dass die meisten von Ihnen unter Denkmalschutz stehen und in die Liste der denkmalgeschützten Gebäude und Objekte von Gmunden aufgenommen wurden. Sie ist ja eine der prächtigsten Straßen in Gmunden. Am oberen Ende überstrahlt die katholische Stadtpfarrkirche das ganze Ensemble.

Folgende Häuser in der Kirchengasse stehen unter Denkmalschutz:
Eckhaus Rathausplatz 3 / früher Kirchenplatz 1, Eckhaus Kirchengasse 2 / Rathausplatz 4, 
Kirchengasse 3, Kirchengasse 4, Kirchengasse 6, Kirchengasse 7, Kirchengasse 8, Kirchengasse 9, Eckhaus Kirchengasse 10 / Marktplatz 22, Kirchengasse 11 und Kirchengasse 16

Das Hochwasser erreichte auch die Kirchengasse
Eine besondere Form von Aktivität löste in der Kirchengasse mitunter auch das Hochwasser aus, denn es drang bis in den unteren Bereich vor, wie die beiden folgenden Fotos belegen:

 




Das häufige Hochwasser stieg manchmal sogar bis in den unteren Bereich der Kirchengasse an.

Gendarmerie im Haus Kirchengasse 2
Auch die für die Sicherheit in der ländlichen Region zuständige 1849 gegründete k. k. Gendarmerie bekam in Gmunden einen eigenen Posten. Die Gendarmerietruppe wechselte ihren Standort mehrmals. U. A. war sie auch im ehemaligen Rathaus Haus Kirchengasse 2, später im Haus Kirchengasse 3 und von 1895 bis nach dem Ersten Weltkrieg im Haus Kirchengasse 9.

Der große Brand 1896 in der Kirchengasse
In der Nacht vom 3. auf den 4. November 1896 brach der große Stadtbrand in der Kirchengasse aus. Durch eine Unachtsamkeit hervorgerufen, hätte der ostwärts des Hauses Kirchengasse 3 gelegene Teil der schindelgedeckten Stadt bei dem herrschenden starken Westwind dem Feuer zum Opfer fallen können. Ein Bäckergeselle bemerkte den Brand und verständigte sofort mittels des am Turm angebrachten Glockenzuges den diensthabenden Turmwächter, der wahrscheinlich ein bisschen eingenickt war, vom Ausbruch des Brandes. Laut erscholl das Nebelhorn des Turmwächters über der Stadt – und bald antworteten die Hörner der Nachtwächter und der Feuerwehrhornisten. Das Dachgeschoß des Hauses Kirchengasse 3 stand bereits in hellen Flammen und durch den starken Wind angefacht, fingen die angrenzenden Häuser Nr. 5, 7 und 9 Feuer.
Die Stadtfeuerwehr rückte unter dem Kommando Vincenz Bauers mit drei Schubleitern und drei Aufstelleitern zum Brandplatz. Zum ersten Mal kamen die neuen Hydranten der städtischen Wasserleitung zum Einsatz und bestanden glänzend ihre Feuerprobe. Es herrschte starke Flugfeuergefahr. Auf allen ostwärts der Kirchengasse gelegenen Häusern waren Feuerwachen und standen die Hausbesitzer und Inwohner mit allerlei Eimern und Geräten in Löschbereitschaft. Am gefährdetsten waren die dem Brandherd gegenüberliegenden Häuser der Kirchengasse, insbesondere der Gasthof zur Stadt Gmunden (vulgo Fuchs). Aber auch für den Stadtteil jenseits der Traun herrschte eminente Gefahr. Die brennenden Schindeln flogen bis Mühlwang. Das Dach des Schlosses Mühlwang fing einige Male Feuer, konnte aber von den Bewohnern und Nachbarn gelöscht werden.


Der große Brand in der Kirchengasse im Jahre 1896
Gemälde von Emmerich Stoll

Mit Mühe konnten die Neugierigen von der Kirchengasse und den angrenzenden Gassen abgehalten werden. Manche Ängstliche trugen ihr Bettzeug und allerlei Habseligkeiten hinauf in die Schule oder in die Kirche. Die Bewohner der bedrängten Häuser hatten ihre Wohnungen verlassen. Unterdessen mühte sich die Feuerwehr mit der Löschung des Großbrandes. In den frühen Morgenstunden war das Feuer gelöscht und die Gefahr gebannt. Die hierzu verwendete Wassermenge betrug 35.000 Hektoliter. Der Gesamtschaden betrug 15.000 Gulden, eine für die damalige Zeit sehr ansehnliche Summe. Die Objekte der Brandstätte wurden verkauft: die Reste des Hauses Kirchengasse 3 an den Weinhändler Karl Spiesberger und die des Hauses Kirchengasse 5 an Josef Schadler. Sie wurden niedergerissen und neu aufgebaut. Damals erhielten sie ihr heutiges Aussehen.