Haus Rosenkranzstraße 16 - ehemaliges Gasthaus zum Rosenkranz

Ein besonders schön restauriertes und gepflegtes Gebäude mit üppigem Garten liegt fast am Ende der Rosenkranzstraße und trägt die Hausnummer 16. Das gesamte Anwesen gehört aktuell Frau Mag. Christiane Hofinger. Ihr ist es zu verdanken, dass es sich in einem derart ansehnlichen Zustand befindet. Es ist jedes Mal eine Freude, an dem ausladenden Gebäude mit langer Geschichte und dem gepflegten Garten vorbeizuspazieren. Einst hatte das Haus die Anschrift Traunleithen 3. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts befand sich darin das Gasthaus zum Rosenkranz vulgo Rosenkranzwirt.

Geschichte des Hauses Rosenkranzstraße 16
Das Haus, in dem Hans und Maria Mayrhofer eine Gaststätte betrieben, hat eine lange Geschichte. Schon vor dem Jahr 1700 gibt es Aufzeichnungen. So wird dieses Anwesen, das zur Herrschaft Orth gehörte bereits im Jahre 1699 als „halbes Schallmeinergütl“ und auch als „Haus nächst dem Marchstein an der Kalb“ bezeichnet. Mit der Einführung der Hausnummern durch Maria Theresia – bei uns um 1771 – erhielt es die Hausnummer Traunleithen 3 und gehörte damals zum Gemeindegebiet und zur Pfarre Altmünster. Es war also ursprünglich eine kleine Landwirtschaft und auch verschiedene Handwerker waren im Schallmeinergütl untergebracht. Erst im Jänner 1939 kam der Ortsteil Traunleithen zu Gmunden. 

Im 18. Jahrhundert war das Leinweberhandwerk hier beheimatet. Das Haus war damals einstöckig und die Anbauten links und rechts waren noch nicht vorhanden. Das Ehepaar Mathias und Elisabeth Kienesberger erwarb dieses Haus vermutlich nach dem Tod des letzten Besitzers aus der Familie Feichtinger Christoph Feichtinger, Webermeister am Kalbl  (Traunleithen 3). Er verstarb hochbetagt am 25.11.1792 an Schlagfluss (Schlaganfall). Die Familie Kienesberger wohnte ursprünglich in Traunleithen 5 am Bräugütl. Ein Sohn dieser Familie - Caspar Kienesberger (* 07. Jänner 1786) - war Salzträger und Zimmermann. Er heiratete im Jahre 1804  in erster Ehe  Theresia Attwänger, die aus dem Kufhaus in Pinsdorf stammte. Damals scheint als Wohnort der Familie schon Traunleithen 3 auf. Seine erste Frau Theresia verstarb, und so heiratete Caspar Kienesberger am 24.04.1815 seine zweite Frau Theresia Föttinger, die ebenfalls aus Traunleithen stammte. 

Ab ca. 1816 betrieb er in diesem Haus eine kleine Drechslerei und stellte Rosenkränze her. Diese wurden bis nach Mariazell verkauft. Aus dieser Zeit steht heute noch eine wunderschöne Standuhr im Gastzimmer, die aus dem Jahre 1817 stammt und nach einer Reparatur immer noch funktioniert. Mit der zunehmenden industriellen Fertigung war die Herstellung von Rosenkränzen in der kleinen Drechslerei nicht mehr wirtschaftlich und es wurde nach einem anderen Standbein gesucht. An ihn erinnert heute noch die Steineinfassung der Haustüre mit den Initialen „C und K“ für Caspar Kienesberger und der „Zahl 3“ für die Anschrift Traunleithen 3. Unterhalb scheint die Jahreszahl 1839 auf.
Die Steineinfassung der Haustür mit den Initialen "C" und "K" und der Zahl "3"

Die noch funktionierende Standuhr im ehemaligen Schankraum

Um 1850 wurde das Haus um ein Obergeschoß erweitert und man eröffnete eine kleine Gaststätte. Das war der Anfang der Gastronomie in diesem Haus. Um 1900 kamen dann die seitlichen Anbauten links und rechts dazu, wo man Fremdenzimmer einrichtete. In dieser Zeit war der heute als Garten bestehende Grundstücksteil ein Gastgarten. Von dort hatte man einen wunderbaren Blick auf die Trabrennbahn im Bereich des heutigen Rennweges und der Grillparzerstraße. Der „Trabrennverein Gmunden“ wurde am 20. Dezember 1891 gegründet. Bis ins Jahr 1895 wurden Schlittenrennen und Trabrennen auf einem Provisorium abgehalten. Erst nach der Pachtung von Gründen, die dem Bürgerspital gehörten, konnte die Rennbahn im Jahre 1896 fertiggestellt werden. Zahlreiche bekannte Persönlichkeiten sollen hier den Rennverlauf verfolgt haben, und daher gab es auch Bedarf an Fremdenzimmern und Bewirtung. Die Gaststätte müsste gut floriert haben. Ab dem Jahre 1939 wurden auf dem Areal der Rennbahn große Wohnanlagen errichtet. 

Die Familie Mayrhofer
Johann (* 21.07.1896) und Maria Mayrhofer (* 1905) stammen beide aus Leonding. Die Eltern der beiden besaßen große Bauernhöfe und waren begütert. Wie damals üblich bekam der älteste, männliche Nachkomme den Hof und die dazu gehörigen Grundstücke. Das bedeutete meist für die anderen Kinder den Hof zu verlassen und als Knecht oder Magd bei einem anderen Bauern zu arbeiten. Manche hatten Glück und konnten einheiraten und waren versorgt. Glück hatten auch Hans und Maria Mayrhofer, denn sie wurden reichlich ausbezahlt. Die großen Gutshöfe warfen scheinbar genug ab, und so fiel auch für die beiden eine relativ hohe Abfindung an. Im Jahre 1932 kamen die beiden nach Gmunden und kauften um 52.000 Schilling von der Familie Kienesberger das bestehende Gasthaus samt den dazugehörigen Grundstücken. Die Zeiten waren damals schlecht und so war auch der Zustand des Gasthauses. Es gab viel zu renovieren und zu investieren, was die beiden auch taten.

Das Gastwirtsehepaar Mayrhofer vor dem Eingangsportal

Der Gastwirtschaftsbetrieb lebte in erster Linie von der Nachbarschaft, den Arbeitern aus den Vereinigten Tischlerwerkstätten (später Firma Invert) und Mitarbeitern aus dem Krankenhaus. Bekannt war der Rosenkranzwirt vor allen Dingen durch das ausgezeichnete Bier. In den Anfangsjahren wurde Baumgartnerbier aus Schärding ausgeschenkt. Später bezog man das Bier aus der Gmundner Brauerei. Diese wurde bereits 1868 in Gmunden gegründet und war im Jahre 1921 Gründungsmitglied der Braubank AG. Das war ein Zusammenschluss vom Hofbräu Kaltenhausen in Hallein, der Linzer Aktienbrauerei, der Poschacher Brauerei in Linz und der Wieselburger Aktienbrauerei. Im Jahre 1932 ging der Bierkonsum stark zurück, und die Gmundner Brauerei wurde zeitweise stillgelegt, um die anderen Brauereien besser auslasten zu können. Im Jahre 1969 wurde die Gmundner Brauerei zur Gänze an die Brau Union verkauft und wenig später stillgelegt. 

So verhielt es sich auch mit dem Bier. Am Anfang gab es Baumgartner Bier, dann das Bier aus der Gmundner Brauerei und dann das Bier der Brau Union.  Dass das Bier so ausgezeichnet schmeckte hatte mehrere Gründe. Es war die Lagerung, die richtige Temperatur, die Anlieferung und die richtige Ausschank. Gerade was die Anlieferung der Fässer betraf war der Wirt sehr heikel. Die Fässer durften nicht gerollt, sondern mussten getragen werden. Daher gab es dann beim Ausschenken nur wenig ungewollten Schaum. Unwissende Bierführer, die gar die Fässer vom Auto auf einen Autoreifen warfen und dann noch die Fässer rollten, konnten alles wieder aufladen. Die Bierpreise waren moderat und so kostete ein Halbe Anfang der siebziger Jahre 10 und später 12 Schillinge. 

Auch die Speisekarte war einfach und preiswert. So gab es eine kalte Knacker, eine warme Knacker, eine Essigwurst und einen hervorragenden, gut gereiften Bierkäse. Alles mit Hausbrot. Kaffee und Tee gab es nicht und Zigaretten nur für sehr Privilegierte. Es gab auch Rotwein und Weißwein und Gespritzte. Den guten Most konsumierte der Hausherr ganz alleine. Herr Mayrhofer saß immer am letzten Tisch links vor der Schank, las Zeitung und beobachtete das Treiben seiner Gäste. Zeitweise war auch seine Frau an diesem Tisch. Ging es wieder einmal über Politik oder andere Themen hoch her und wurde lautstark gestritten, dann sprang er auf und verschaffte sich den nötigen Respekt. Er konnte zeitweise auch recht mürrisch sein. 

Als einmal Fremde das Gasthaus betraten und um Zigaretten fragten, kam eine eindeutige Antwort: „ I bin do net euer Lausbua, das I euch von der Stadt Zigaretten hole!“ Auch die auf der Lamperie abgestellten alten Bierkrüge waren tabu. So einen anzugreifen oder gar herunterzuholen löste ein Donnerwetter aus. Wenn Ermahnungen nicht fruchteten, dann gab es sogar zeitweise Hausverbote. Hans Mayrhofer hatte seine Gäste immer im Auge. Aber diese teilweise rustikale Art tat bei den Besuchen von Gästen keinen Abbruch. Seine Frau Maria war da schon großzügiger. 

Das Gasthaus Rosenkranz wurde von den beiden bis ins Jahr 1979 betrieben. Das ist eine lange Zeit. Johann Mayrhofer verstarb kurz darauf im Jahre 1980 und seine neun Jahre jüngere Gattin lebte noch bis ins Jahr 1997. Ich kann mich noch sehr gut an diese rüstige Frau erinnern und manchmal entstand ein nettes Gespräch, wenn ich sie im Garten - der früher einmal ein Gastgarten war - bei der Arbeit antraf. 

Es gab um Hans Mayrhofer diverse Gerüchte um eine Verbindung aus der gemeinsamen Zeit mit Adolf Hitler in Leonding. So behaupteten manche, dass Hans Mayrhofer ein Halbbruder von Adolf Hitler gewesen sein soll. Das zweite Gerücht war eine anscheinend gemeinsame Schulzeit. Das alles stimmt nicht: Die Sachlage ist eine ganz andere. Im Jahre 1903 verstarb der Vater von Adolf Hitler – Alois Hitler, geb. Schicklgruber - in Leonding. Adolf Hitler war damals um die 14 Jahre alt, also nicht volljährig. Seine noch lebende Mutter Klara Hitler, geb. Pölzl konnte rechtlich die Vormundschaft für ihren Sohn Adolf nicht übernehmen. Wie es damals üblich war, übernahmen höher stehende Personen (Lehrer, Pfarrer, Bürgermeister) die Vormundschaft für den Halbwaisen. In diesem Fall war es der Vater von Hans Mayrhofer, Josef Mayrhofer. Josef Mayrhofer und seine Frau Theresia, geb. Keimelmayr, waren Besitzer des großen Bauerngutes Leonding 20. Zu dieser Zeit war Josef auch Bürgermeister von Leonding und er übernahm die Vormundschaft von Adolf Hitler. Er übte sein Amt als Bürgermeister von 1897 bis 1906 aus. Verwandtschaftliche Verhältnisse und eine gemeinsame Schulzeit gab es also keine! Zwei Jahre später verließ die Familie Hitler Leonding. Die Mutter Adolf Hitlers verstarb im Jahre 1907. 

Aktuelle Besitzerin des Hauses Rosenkranzstraße 16 ist Frau Mag. Christiane Hofinger. Sie ist eine Enkelin der Wirtsleute. Es ist mehr als erfreulich, dass dieses geschichtsträchtige Haus so wunderschön renoviert wurde und auch die Gaststube – bis auf die Entfernung der Schank – noch so ist, als wenn die Zeit stehen geblieben wäre! Nicht stehen geblieben ist die alte Standuhr, die tickt immer noch.

Der erhalten gebliebene Schankraum sogar noch mit den Bierkrügen an der Wand

Sie tickt auch heute noch.

Diesen Beitrag hat Josef Thallinger verfasst.


Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Brauerei_Gmunden
Frau Mag. Christiane Hofinger, Gmunden,
Das Gmundner Taschenbuch, Musealverein Gmunden,
Krackowizer, Ferdinand: Geschichte der Stadt Gmunden, Bd. 3, S. 342
Matricula, Leonding und Altmünster
Familienarchiv Thallinger, Gmunden

Fotos:
Josef Thallinger